Finanzkrise und Realwirtschaft

In Berlin Prenzlauer Berg wirkt sich die Finanzkrise bereits jetzt auf die Realwirtschaft aus: Als ich eben um 15 Uhr zum Mittagstisch in meine Lieblings-Wirtschaft ging, war ich der erste Gast des Tages! So was gab es noch nie! Vor der Wirtschaft saßen die 2 kompetenten Köche und rauchten gelangweilt: Trotz ihrer internationaler Ausbildung (Frankreich, Thailand, Deutschland) wollte heute bis 15 Uhr niemand ihren täglichen Küchenzauber verkosten. Dann kam ich! Das Tonkabohnenpanacotta war süß und lecker…

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Aber jetzt: Back to work.

Home cooking is killing Restaurants

Am Samstag gab’s mal wieder ein ausuferndes Herrendinner: 6 selbsternannte Köche machen jeweils einen Gang und bringen den begleitenden Wein mit.

Es gab:
1. Gang: Carpaccio vom Island-Lachs mit frittierten Kapern an Limettenvinaigrette.
2. Gang: Pastinakensuppe
3. Gang: Frischer Belitz-Spargel in Sauce Hollandaise
4. Gang: Lamm-Maultaschen aus frischer Pasta an dunklem Rotweinfond
5. Gang: Crépinette von Lachs und Thunfisch mit Sellerie-Kartoffel Mousseline an Fisch-Sossenwunder
6. Gang: Brownies aux trois Chocolats accompagnés par les white russians

Die begleitenden Weine möchte ich hier gar nicht erst aufführen, sondern schließe mit einem deutsch-französischen Definitionsduo.
Alkoholismus:
In Deutschland eine Krankheit – in Frankreich eine Lebensphilosophie.

Aphrodisierende Tonkabohnen

Mein Lieblingsmittagstisch besteht aus einem bezahlbaren 3-Gang-Menü (9€) der Oberklasse, das ich gerne in einem nahe gelegenen französischen Restaurant zu mir nehme. Inzwischen kennen mich auch die sehr kreativen Jungköche, und der Kellner lädt mich auch mal auf einen Crémant nach dem Essen ein. Heute gab es als Dessert eine Tonkabohne-Ingwer Melange, die wie eine Crème Brulée mit dem Flammenwerfer karamellisiert wurde. Auf meine Nachfragen teilte man mir mit, dass der Tonkabohne in weiten Teilen der Welt eine erotisierende Wirkung nachgesagt wird. Und jetzt kommt der Hammer: In Deutschland gibt es eine gesetzlich verordnete Höchstdosis die zum Kochen verwendet werden darf (Aromenverordnung).

Tonkabohnen

Der Chefkoch hat mir dann ein paar in Alufolie gewickelte Tonkabohnen zum experimentieren geschenkt und mir mitgeteilt, dass mein Dessert die 10fache erlaubte Dosis enthalten hatte. Für solche Erlebnisse muss man Berlin einfach lieben. Leider ist meine Freundin noch immer bei der Arbeit…

Die leidige Amerikanisierung

Während man früher noch selbst entscheiden konnte, ob man raucht oder eben nicht, hat uns inzwischen der Staat entmündigt. Dadurch entstehen absurde Episoden wie die Klage gegen Helmut Schmidt der ne Kippe raucht. In Freiburg hat man sich jetzt ein Alkoholverbot für die Innenstadt überlegt und setzt das sogar noch um. Hat die Polizei dort keine anderen Aufgaben als kalifornische Verhältnisse umzusetzen? Als nächstes kommt dann das Verbot von fettigem ungesunden Essen: Imbissbude, zieh dich schon mal warm an! Oder druckt doch gleich „Kann zu Fettleibigkeit führen“ im Todesanzeigen-Layout auf die Sparmenüs bei MC Donalds. Offensichtlich traut man dem Bürger im 21 Jahrhundert keine Spur Selbständigkeit mehr zu und kontert mit den Methoden der Regulierung und Kontrolle.

Und dann hab ich vorher am Alexanderplatz noch so eine Heavy/Trash-Metal Band gehört. Scheiss Musik, aber immerhin verstörend, schräg und extrem laut. Als der Sänger nach dem Song dann gegen schreckliche Abtreibungen (Kindermörder) und fremdgehende Ehemänner predigt, wurde es mir langsam klar… Die haben wir auch aus den USA importiert: Brachial lärmende Metal-Musiker die für konservative christliche Werte einstehen.

Berliner Fast-Food-Trends

Dönerbuden waren irgendwie sowieso schon immer da. Vor 5 Jahren schossen dann überall Sushi-Läden aus dem Berliner Boden. Die letzten Jahre hat der Pizza/Focaccia-Hype (natürlich nur mit „hausgemachtem Teig“ und „by-the-slice“) den gesamten Prenzlauer Berg durchsetzt. Man kann kaum noch 100 Meter laufen ohne auf ein Ladenlokal mit Steinofen zu treffen. Momentan eröffnen überall Hamburger-Bruzzler nach US-Vorbild: Diner-Look, viel Fleisch (klar, auch Bio), große Softbrötchen und rote Plastikketchupflaschen am Tresen. Gerne wird auch mit lokalen Bezügen gespielt: Marienburger in der Marienburger Strasse oder Kreuzburger in Kreuzberg.

Was kommt als nächstes?
Für alle Wannabe-Imbissbesitzer verrät Dataloo die nächsten Berliner Fast-Food-Hypes:

    1. Burrito
    Die TexMex-Küche der 80er und 90er Jahre kommt als Fastfood-Variante zurück.
    2. Bio-Whatever
    Alles wird als Bio-Edition angeboten: Bio-Döner, Bio-Pommes, Bio-Currywurst…
    3. Edel-Sandwiches
    Also nicht der Trash der Bäckereien, sondern frisch, knackig und gesund.

Und erzählt mir in 3 Jahren nicht, ihr hättet von nichts gewusst!

Essen, jetzt!

Heute bin ich psychisch angeschlagen. Und da reicht es auch nicht, dass mein Blick auf die Welt2007 sowieso schon melancholisch verdunkelt ist – nein, da muss ich dann auch noch im Tassili beim Bezahlen in ein trauriges Gesicht sehen. Ich habe doch nur den extrem leckeren Schawarma ausdrücklich und in höchsten Tönen gelobt, und da meint der Besitzer resigniert „Das reicht leider nicht…“. Er sagt, er hält das noch maximal 2 Monate durch: Einfach zu wenig Gäste, und das obwohl er nur hochwertige und frische Zutaten benutzt. Ich war da jetzt 4 Mal Essen und Falafel, Schawarma, Couscous und Oliventagine waren jeweils außerordentlich gut, also wirklich weit oberhalb der Norm. Besonders fallen die raffinierten Soßen und das Couscous auf. Mittelmäßigen Fressläden dürfen gerne wieder verschwinden, die guten und engagierten müssen bleiben! Wer hier im Kietz wohnt, sollte da unbedingt mal hingehen und bitte auch weitersagen.

Tassili – Arabische Spezialitäten (Imbiss und Restaurant)
Danziger Strasse 36, 10435 Berlin

Fasten: Extremsport auf der Couch

Nach dem Fastentag wache ich meist sehr früh auf und bin gut drauf. Überraschend finde ich, wie schnell man sich ans Fasten gewöhnt: Am Donnerstagmorgen fühle ich mich so gut, dass ich am liebsten weitermachen würde. Aber Essen ist einfach zu geil, und so wird der Donnerstag dann zum Kontrastprogramm des Fasten-Mittwochs: Das Essen wird zelebriert! Gestern waren es zwei gebutterte Toastbrote mit Quitten-Gelee zum Frühstück, ein sensationelles Sushi-Lunch und Brotzeit zum Abend – Yummy!

Durch die Entbehrung am Mittwoch, schärft sich das Bewusstsein für das Thema Essen. Alltägliche Nahrungsaufnahme wird plötzlich zur sinnlichen Wahrnehmung – Das was es sowieso immer sein sollte. Essen ist ein unerschöpflicher Quell der Freude, das wird nie langweilig. Man kann es als Befriedigung eines menschlichen Grundbedürfnisses betrachten oder als Sinneswahrnehmung von höchster Güte.

Extremsport Fasten

Und aus diesem harten Fasten/Essen-Kontrast (Yin/Yang, Schwarz/Weiss, 1/0 …) ziehe ich ein erfrischende neue und intensive Wahrnehmung. Es ist quasi ein Experiment mit mir selbst, und ich liebe es Dinge auszuprobieren. Dass man nebenbei scheinbar noch den Bauch dauerhaft beseitigt, mehr Zeit zum Leben und Arbeiten hat (was ich alleine mittwochs an Zeit spare, weil ich nicht essen muss…) und wohl knapp 60€ im Monat spart (so Pi mal Daumen) sind natürlich tolle Nebeneffekte.

Ich kann jedem nur empfehlen seinen Körper mal in diesen Extremzustand zu bringen und selbst zu erfühlen was mit einem passiert. Eigentlich ist es heimischer Extremsport der sich auf der Couch durchführen lässt. Schwierig wird es sicher, wenn man viel körperliche Arbeit ausübt oder eine Jura-Prüfung absolviert. Wenn du aber (wie ich) hauptsächlich Kopfarbeit machst und keine anstrengenden Termine anstehen: Just do it und berichte hier!